HIER gibt es noch ein Video zu meiner Fahrt mit der Vasco de Gama. Viel Spass


10.2 bis 27.2.2019, CMA CGM Vasco de Gama

 

 

Die Vasco de Gama, „mein“ Containerschiff ist mit einem Tag Verspätung am späten Nachmittag des 11.2.19 in Singapur ausgelaufen. Bis ich endlich mit all meinem Zeugs auf dem Schiff war, sollte aber ein wenig dauern. Ein Taxi holte mich bei Jonas und Andrea ab und es ging zum Hafen. Der Taxifahrer war voll im Stress und alles ging im viel zu langsam. Mir war es relativ egal und ich habe mich nicht stressen lassen. Beim streng kontrollierten Hafen wollten die mich zuerst mit dem Fahrrad nicht reinlassen. Das Rad konnte aber aus irgendwelchen Gründen auch nicht im Taxi bleiben. So bin ich mit dem Fahrrad durch die Sicherheitsschleuse, der Taxifahrer durch das Tor und auf der anderen Seite wurde mein Fahrrad wieder ins Taxi gestellt. Ich musste mir natürlich noch meinen Ausreisestempel holen und dann ging es kreuz und quer durch den Hafen, vorbei an riesigen Schiffen und Containern. Bei der Vasco de Gama, welche gerade von etlichen, riesigen Kränen beladen wurde, hielt der Fahrer, lud mich und meine Sachen aus und weg war er. Da stand ich jetzt also vor diesem unglaublichen Riesen. 400 Meter lang, 50 Meter breit und rund 15 Meter  ging es bis zum 1. Stock hoch, dies die beeindruckenden Masse. Nach ein paar Fotos habe ich einen Teil meines Gepäcks gepackt und bin die steile und kleine Treppe, die Gangway, hochgelaufen. Oben wurde ich empfangen und es gab einen Funkspruch „Passenger on board“. Alles war sehr hektisch, viele Menschen am rumlaufen und über uns die Kräne mit den riesigen Containern. Richtig cool :). Die nächste Person nahm mich in Empfang, und zeigte mir sogleich meine Kajüte. Mit dem Fahrstuhl ging es dazu 6 Stockwerke hoch. Mein Fahrrad und restliches Gepäck kam ein paar Minuten später auch noch. Meine Kajüte entpuppte sich als sehr schönes Zimmer. Ein kleines Wohnzimmer mit Eckcouch und Bürotisch und getrennt davon ein grosses Doppelbett und das Bad. Alles in einem gemütlichen blau. Dazu noch drei Bullaugen, die typischen Schiffsfenster. An diesem ersten Abend bekam ich noch eine ganz kurze Führung zu den wichtigsten Orten und dann kümmerte sich niemand mehr um mich. Nächster Treffpunkt morgen früh zwischen sieben und acht Uhr Frühstück. Ich genoss den ersten Abend auf der „Terrasse“, welche genau vor meinem Zimmer ist, schaute dem ganzen Entlade und Lade Spektakel noch ein wenig zu und bald einmal ging es ins Bett.

 

Das nächste grosse Highlight folgte am anderen Tag. Das Schiff war bereit zum ablegen und ich auf der Brücke um dies zu beobachten. Schon echt beeindruckend dort oben in der Kommandozentrale in gut 60 Metern zu stehen, vor und hinter einem rund 18’000, ja achtzehntausend, Container und dann ganz langsam und für mich überraschend ruhig entfernt sich der Dampfer vom Pier und verlässt Singapur in Richtung Strasse von Malakka. Nach ein paar Tagen auf hoher See kam ein gewisser Alltag, welcher sich meist so abspielte. 07:30 Uhr Frühstück, danach gemütlich ein Kaffee auf der Terrasse. Die „Terrasse“ ist jeweils seitlich an dem Wohn und Kommandoteil angebracht und ist eigentlich ein openair Treppenhaus um von ganz unten bis ganz nach oben zu gelangen. Danach habe ich mich meist an meinen Laptop gesetzt und geschrieben, Fotos sortiert oder eine Präsentation meiner Reise vorbereitet. Internet gibt es theoretisch, ist aber, da über Satellit, sehr teuer. Deshalb habe ich auch die komplette Reise darauf verzichtet und wie ihr sehen oder lesen könnt, habe ich überlebt. Ein weiterer Fixpunkt für mich war täglich zweimal der Fitnessraum. Nichts spezielles, aber ein Fahrrad, ein Laufband und ein paar Gewichte. Genug also um sich ein wenig sportlich zu betätigen. Das war auch nötig, den der andere Fixpunkt auf dem Schiff ist essen. Frühstück, Mittag und Abendessen habe ich immer mit der höheren Mannschaft zusammen eingenommen. Die Offiziere inklusive Kapitän, wird hier als Master bezeichnet, waren alles Rumänen. Die restliche Crew bestand aus Philippinos und zwei Indern. Alles sehr angenehme Leute, meist recht ruhig und gelassen. Mein Lieblingsplatz auf dem Schiff war klar dir Brücke. Die beste Aussicht, viel Technik und viele Informationen rund um das Schiff und allgemein das Leben on board bekam ich hier von den Diensthabenden Offizieren. Da wir Richtung Westen reisten, ging es für uns zurück in der Zeit. Speziell ist aber, dass der Master entscheiden kann, wann die Uhr zurückgestellt wird. Wir halten uns nicht an die internationalen Zeitzonen. Bei uns hiess dass entweder jeden zweiten oder manchmal auch jeden Tag wird die Uhr von 01:00 Uhr in der Nacht zurück auf Mitternacht gestellt. Für mich hiess dies im Klartext, meist eine Stunde mehr Schlaf und meine Tage hatten fast immer 25 Stunden. Viel Zeit hatte ich auch zum lesen. Vor meiner Abreise hatte ich mir extra ein paar Bücher auf meinen e-Book reader geladen und einen grossen Teil davon auch gelesen. Ebenfalls hatte ich viele Podcast auf meinem Handy, welche ich vor allem während meiner Fitnesseinheiten benutzte. Die Strecke meiner Reise klingt eventuell interessanter, als es in Wirklichkeit war. Durch die Strasse von Malakka ging es in den indischen Ozean und dann ca. 50 km südlich von Sri Lanka in Richtung Malediven. Von dort nach Ostafrika, genauer gesagt Somalia, Eritrea und den Sudan. Nun waren wir im Roten Meer und es ging vorbei zwischen Ägypten und auf der anderen Seite Saudi Arabien. Bis hierhin bekam ich bei Sri Lanka kurz die Küste zu Gesicht und bei der Einfahrt ins Rote Meer. Ansonsten nur Wasser. Es ist schon beeindruckend dies zu sehen und auf diese Weise zu erleben, wie gross der Ozean ist. Ich habe auch oft an die ganzen Länder gedacht, welche ich durchquert hatte. Die unterschiedlichen Menschen, Kulturen und Landschaften. Nun war einfach alles blau. Manchmal waren die Wellen ein bisschen höher und manchmal flach, aber immer Wasser soweit das Auge reicht.

 

Der Höhepunkt der Reise war sicher der Suez Kanal, welcher das Rote Meer und das Mittelmeer verbindet. In der Nacht kamen die ägyptischen „Pilots“, Lotsen an Bord um uns durch den Kanal zu führen. Wie soll ich diesen beschreiben? Der Kanal ist ziemlich eng, ich denke an den engsten Stelle hatten wir noch 10 bis 15 Meter Platz rechts und links. Auf der rechten Seite erstreckt sich die Wüste der Sinai Halbinsel und links sind ziemlich viele Dörfer und Städte, viele Felder, Bäume oder Palmen zu sehen. Mit dem Schiff überragt man all die Häuser um weiten und kann das treiben auf den Strassen und Plätzen gut beobachten. So geht es dann rund 150 km, ungefähr 12 Stunden lang, durch den Kanal. Schleussen gibt es keine, man ist immer auf derselben Höhe und fährt in einem Konvoi. Hinter und vor einem sieht man ein Schiff nach dem anderen, fast alles riesige Containerschiffe wie unseres. Jeden Tag ein Konvoi in Richtung Süden, einer in Richtung Norden. Für Ägypten eine richtige Goldgrube, dieser Kanal. Für unser Schiff, eines der grössten, die überhaupt durch den Kanal fahren, bezahlt die Reederei 900`000 US Dollar! Fast 1 Million und trotzdem ist es für die Reederei noch günstiger, als einmal um Afrika rumzufahren. Erstens wäre der Zeitverlust viel zu gross und man bräuchte viel mehr Treibstoff, Schweröl, um den längeren Weg zu fahren. Schweröl verbraucht das Schiff ebenfalls unglaubliche Mengen. Pro Tag sind es rund 150 Tonnen, dass sind in einer Stunde 6.25 Tonnen oder 6250 Kg Schweröl. An Bord hatte die Vasco de Gama bei der Abfahrt rund 6000 Tonnen dieses Treibstoffes. Sicher zurecht gelten diese Schiffe als unglaubliche Umweltverschmutzer. Ich habe aber auch gelernt, dass die Reedereien wie CMA CGM sich immer weiterentwickeln und die Vorschriften was Filter und Richtlinien betreffen, immer angepasst werden. Es ist aber einfach Fakt, dass rund 90 Prozent aller Güter durch diese Schiffe in der Welt hin und her transportiert werden. So lange wir Menschen billige Kleider oder Plastikprodukte wollen, so lange wir eine solche Auswahl in den Geschäften haben, so lange wird es sicher nicht weniger. Dass wir zurück in Europa waren habe ich vor allem an den Temperaturen und dem Regen bemerkt. Mit dem Schiff, ähnlich wie mit dem Fahrrad, nimmt man die verschiedenen Klimazonen sehr intensiv war. Man fühlt richtiggehend, wie man sich von den Tropen ins gemässigte Klima bewegt. Wenn man dann wie ich, gegen ende Februar in Europa angekommen ist heisst dies, man landet im Winter. Winter heisst auch ab und zu Sturm und einen Abend, zwischen Malta und Sizilien, hat es ziemlich heftig gestürmt. Die Wellen waren rund 3 Meter hoch, der Wind rund 90 - 100km/h und es hat gut hin und her geschaukelt. Um so ein 400 Meter Ungestüm ernsthaft zu bewegen, braucht es aber dann zum Glück doch noch einiges mehr. Auf einem kleineren Schiff wäre es aber ungemütlich geworden. So sind wir aber gut durch den Sturm und am nächsten Tag war alles vorbei, das Meer relativ ruhig und so schipperten wir Spanien entgegen.

 

Ein Highlight stand mir aber noch bevor, der Besuch im Maschinenraum. Dazu ging es runter und zwar ein ganzes schönes Stück. Nur schon alleine die Kommandozentrale ist eindrücklich. Das Schiff ist von 2015 und damit ziemlich neu. Alles ist voller Computer und Bildschirme und jede Pumpe, jedes Ventil und jeder noch so kleine Motor kann von hier bedient werden. Dann ging es rein in den Maschinenraum und wie soll ich sagen, es hat mich fast umgehauen! Es ist unglaublich gross. Der Raum mit dem Motor selber ist so gross, dass man locker ein fünfstockiges Gebäude reinstellen könnte. 11 Zylinder verrichten die Arbeit und bewirken, dass die riesige Antriebswelle den 107 Tonnen Propeller mit 10 Metern Durchmessern und seinen 5 Blättern antreibt. Neben der Hauptmaschine gibt es noch vier riesige Generatoren für den täglichen Gebrauch an Strom auf dem Schiff. Dazu kommen noch unzählige weitere Pumpen, Generatoren, Filter und noch mehr. Es gibt eine Entsalzungsmaschine, so dass das Schiff was Trinkwasser betrifft, total autonom ist. Mit der Abwärme der Motoren wird Warmwasser zubereitet, so dass man ruhig ein wenig länger warm duschen darf. Laut dem Chef Ingenieur gehört der Motor zu den drei grössten Motoren, welche es überhaupt auf der Welt gibt. 64`000 KW Leistung, dies entspricht 86`000 PS. Auffallend ist, dass alles extrem sauber ist. Nirgends Ölspuren, Fett oder ähnliches. Wirklich ein einmaliges Erlebnis, so ein Riesending in live und in Betrieb zu sehen. Dies alles konnte ich mir anschauen, während wir südlich von Mallorca und Ibiza in Richtung Algeciras gefahren sind. Ein weiteres Mal konnte ich gegen 19:00 Uhr von der Brücke aus den wunderschönen, perfekten Sonnenuntergang beobachten, bevor meine letzte Nacht auf der Vasco de Gama anstand. Als ich am nächsten morgen um 7 Uhr aufstand, waren wir bereits im Hafen von Algeciras. Ein letztes Mal ging es rauf zur Brücke um diesmal den Sonnenaufgang zu bewundern. Direkt vor mir der Felsen von Gibraltrar und dahinter ging für mich die Sonne das Erste Mal seit über zwei Jahren wieder über Europa auf. Dann ging auf einmal alles sehr schnell, ich packte mein Zeugs zusammen und gegen 9 Uhr brachte mich ein Bus zum Eingang, bzw. Ausgang des Hafens. Ich musste kurz meinen Pass vorzeigen und dann war ich offiziell in Spanien eingereist.

 

So ging eine weitere Etappe meiner Reise zu Ende. Ich konnte die Zeit auf dem Schiff gut nutzen, um viele Berichte zu schreiben, Fotos zu bearbeiten oder einfach zu lesen. Bis zum Schluss war ich dann trotzdem froh, als wir in Spanien angekommen sind. Ich bin halt doch einer, der eher viel Auslauf benötigt und so ein Leben auf dem Schiff wäre nichts für mich. Respekt für all die Leute, die diese Arbeit machen und zum Teil bis zu 9 Monate ununterbrochen auf dem Schiff sind. Ich bevorzuge das Fahrrad.


 

 

 

 

Instagramm:

matze_umumum.ch



 

 

 

 

 

umunum.ch

Mathias Jäger